Kaiserin Soraya: „Das Leben hat mich hintergangen“, beklagte die „Märchenkaiserin“ - WELT (2024)

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Die Überschrift der „New York Herald Tribune“ am nächsten Morgen las sich wie das kürzeste Märchen aller Zeiten: „Iranischer Schah heiratet Mädchen, 19, inmitten eines glanzvollen Palastes“. In der Tat muss die Hochzeit von Soraya Esfandiary-Bakhtiary und Schah Mohammad Reza Pahlavi in Teheran am 12. Februar 1951 auf zeitgenössische Beobachter wie der prachtvolle Höhepunkt einer Erzählung aus dem Morgenland gewirkt haben – ein Ereignis, das das Mädchen, das in Wahrheit erst 18 Jahre alt war, weltberühmt machen sollte.

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Die Tochter eines persischen Adligen und einer deutschen Verkäuferin war zwischen ihrem Geburtsort Isfahan und Berlin aufgewachsen, hatte Internate in Montreux, Lausanne und London besucht. Sie war gebildet, sprach fließend Persisch, Deutsch, Französisch und Englisch. 1950 soll ihre Tante ein Bild an den Hof in Teheran geschickt haben: Soraya beim Skifahren. Der Schah, der sich kurz zuvor von seiner ersten Frau getrennt hatte und auf Brautschau war, war entzückt – und lud das Mädchen ein. „Es war wirklich eine Liebe auf den ersten Blick“, erzählte Soraya später.

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Die Hochzeit selbst wirkte entsprechend filmreif, obwohl der Schah die Feierlichkeiten angesichts internationaler Konflikte und wegen der angespannten sozialen Lage im Land bereits begrenzt hatte. Gardekavallerie begleitete Sorayas Limousine auf dem Weg zum Palast, vorbei an Tausenden Schaulustigen. Die Braut trug ein Hochzeitskleid des Pariser Designers Christian Dior: Diamanten und Marabufedern zierten die zehn Meter lange Schleppe aus weißem Tüll.

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Ganze fünf Minuten soll Soraya gebraucht haben, um nach der Trauung mit dem 20 Kilogramm schweren Kleid die 36 Stufen zum Spiegelsaal emporzusteigen, wo Regierungsvertreter und Diplomaten sie und ihren Mann beglückwünschten. Ein Salut von 21 Kanonen verkündete die Eheschließung. Der Schnee, der die Straßen von Teheran an diesem Februartag bedeckte, sollte als gutes Omen für das junge Brautpaar dienen.

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Die Regenbogenpresse liebte die „Deutsche auf dem Pfauenthron“. Alles war den bunten Blättern eine Schlagzeile wert, nichts schien zu banal: Jedes neue Kleid, jedes noch so kleine Detail über das höfische Leben rund um die „der Deutschen liebsten Kaiserin“ schlachtete der Boulevard aus – ein wenig Glamour in der Nachkriegstristesse.

Gleichzeitig wusste sich das Kaiserpaar im Ausland selbst zu inszenieren: Als der Schah und seine Frau im Februar 1955 die Bundesrepublik besuchten und im Hamburger Hotel „Atlantic“ residierten, brandeten unter ihrem Fenster „Soraya! Soraya!“-Rufe auf. Als Dank warf sie Nelken in die Menge.

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„Selten hat die Hamburger Öffentlichkeit einem Besuch so viel Herzlichkeit und so viel Sympathie entgegengebracht wie diesem jungen kaiserlichen Paar“, bemerkte das „Hamburger Abendblatt“ am 24. Februar 1955. Die junge Bundesrepublik hatte ein Idol – da ignorierte man gerne, dass Sorayas Mann die Opposition im Iran durch einen brutalen Geheimdienst unterdrücken ließ.

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So glanzvoll der Schein nach außen hin auch war, bald sollte sich zeigen, dass es im Inneren der Ehe ganz anders aussah: Sie währte nur sieben Jahre. Soraya konnte keine Kinder bekommen, ihr Mann jedoch brauchte einen Thronfolger, um die Herrschaft seiner Dynastie zu sichern. Eine Nebenfrau, die den gewünschten Sohn gebären sollte, lehnte Soraya ab.

Die Schlagzeilen der Hofberichterstatter bewegten sich wie immer zu solchen Gelegenheiten zwischen echter Anteilnahme und geheucheltem Mitgefühl: „Soraya – Tragik einer Kaiserin“, „Wann endlich schenkt sie dem Schah den ersehnten Thronfolger?“, „Wie lange wird es noch dauern, bis Reza Pahlewi sie verstößt?“

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In einer Radio-Ansprache verkündete der Schah im März 1958 schließlich „mit großer Trauer“ das Aus der Ehe mit seiner „lieben Gemahlin“. Kurz darauf, am 6. April 1958, gab Teheran offiziell die Scheidung bekannt.

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Ihren Ehrentitel „Prinzessin“ durfte Soraya nach ihrer Verstoßung behalten, bekam außerdem Schmuck und eine stattliche Abfindung von 17 Millionen Mark. Sie kaufte sich davon eine Villa im spanischen Marbella, gründete eine Jetset-Existenz, lebte in Rom, München und Paris, hatte Affären, angeblich auch mit dem Playboy Gunter Sachs – und war wieder Lieblingsthema des Boulevards: „Soraya: Ein Sommer des Glücks?“, „Soraya: Hochzeit oder Flirt?“, „Soraya doch wieder einsam?“

Modisch avancierte sie zur Trendsetterin, und manche privaten Geschichten, die sie lieferte, waren einfach zu schön, um auf sie zu verzichten: Weil beispielsweise ihr Hund Dandy Flugangst hatte, ließ sie ihn im Rolls-Royce durch Europa chauffieren. Ihre Karriere als Schauspielerin hinterließ dagegen wenig Nennenswertes in den Annalen der Filmgeschichte – und privat musste sie schwerste Schicksalsschläge hinnehmen.

1972 starb ihr Lebensgefährte, der italienische Regisseur Franco Indovina, bei einem Flugzeugunglück. In den Jahren darauf nahmen sich zwei Geliebte das Leben. „Kaiserin der Tränen“ und „Prinzessin Schwermut“ nannte die Klatschpresse sie nun. Vollends, nach dem Sturz des Schahs und der Ausrufung der Islamischen Republik im Iran, musste auch sie sich 1979 wegen Mordaufrufen gegen die Pahlavi-Familie in Sicherheit bringen.

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„Das Leben hat mich hintergangen“, resümierte Soraya in ihrer Autobiografie „Palast der Einsamkeit“.

In ihren letzten Jahren zog sich die Frau, die einst eine „Märchenkaiserin“ gewesen war, immer mehr zurück, litt offenbar an Depressionen. Auch die Illustrierten, die zuvor jeden ihrer Schritte kommentiert hatten, verloren jedes Interesse an ihr. „Wenn ich mit meinem Hund in Paris spazieren gehe, kümmern sich die Menschen eher um ihn als um mich“, soll sie kurz vor ihrem Tod gesagt haben.

Am 25. Oktober 2001 starb Soraya in ihrer Pariser Wohnung in der Avenue Montaigne 46 an einem Hirnschlag. Ihre Putzfrau fand sie alleine, auf dem Boden liegend, gerade einmal 69 Jahre alt – das Ende einer Erzählung, die an einem verschneiten Februartag 1951 so verheißungsvoll begonnen hatte.

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Dieser Artikel wurde erstmals im Februar 2022 veröffentlicht.

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